Wie gelingt es, bei Konferenzen, BarCamps oder Firmenveranstaltungen echtes Miteinander zu fördern – statt nur Nebeneinander? Wie bringst du Menschen ins Gespräch, die sonst kaum Berührungspunkte haben: alt und jung, erfahren und neu, aus verschiedenen Abteilungen, Kulturen oder Standorten?
Und wie schaffst du es, dass dabei nicht nur geredet, sondern gemeinsam an Zielen, Projekten oder sogar der Unternehmenskultur gearbeitet wird?
Liberating Structures bieten dafür einen frischen, strukturierten Ansatz – gerade für alle, die Veranstaltungen planen und echte Zusammenarbeit ermöglichen wollen.
In aller Kürze:
Liberating Structures sind Methoden (auch Mikrostrukturen genannt), mit denen sich Veranstaltungen, Meetings, Workshops so gestalten lassen, dass Gruppen produktiv und ergebnisorientiert miteinander arbeiten können. Entwickelt wurden die 33 Mikrostrukturen von Henri Lipmanowicz und Keith McCandless seit 2002, die sich mittlerweile auf der ganzen Welt verbreitet haben. In diesem Artikel beschreibe ich die Grundidee, die Möglichkeiten und auch Herausforderungen bei der Nutzung von Liberating Structures.
Inhaltsverzeichnis:
Wie bringst du Menschen bei Veranstaltungen, Konferenzen oder in Projekten wirklich ins Gespräch? Wie gelingt es, Abteilungen, Hierarchieebenen oder sogar Kulturen zu verbinden, um gemeinsam an Zielen und Projekten zu arbeiten?
Eine spannende Antwort auf diese Fragen liefern die Liberating Structures – ein Methodenkoffer voller innovativer Ansätze, die Teams und Gruppen aktivieren und Barrieren abbauen.
Hier werden Ideen gesammelt und bewertet: Genutzt wird die Struktur 25/10 Crowd Sourcing
Die Liberating Structures umfassen 33 erprobte Methoden, so genannte „Strukturen“, die leicht zu erlernen und vielseitig einsetzbar sind. Sie fördern Netzwerken, Wissensaustausch und gemeinsames Entwickeln von Ideen.
Unternehmen und Organisationen stehen vor großen Herausforderungen – von der digitalen Transformation bis zum demografischen Wandel. Teams müssen neu zusammengesetzt, Fusionen gestaltet oder komplexe Projekte umgesetzt werden. Klassische Workshop-Methoden stoßen hier oft an Grenzen. Liberating Structures bieten einfache, aber wirkungsvolle Werkzeuge, um alle Beteiligten einzubeziehen und einen echten Dialog zu ermöglichen.
Auch als einzelnen Elemente zu Beginn eines Workshops oder eines BarCamps lassen sich Strukturen wie Impromptu Networking oder Social Network Webbing einsetzen.
Perfekt für den Start einer Veranstaltung: In 15 Minuten kommen selbst große Gruppen miteinander ins Gespräch. Dabei beantworten Teilnehmende in kurzen 2-Minuten-Sessions vorbereitete Fragen und wechseln mehrfach die Gesprächspartner.
Je nachdem, welche Fragen du hier stellst, kannst du eher spielerisch-persönlich starten ("Als Kind wollte ich .... werden.", "Mit meinen Händen mache gern...") oder auch direkt ins Thema deines Workshops starten.
Der Vorteil gegenüber klassischen Vorstellungsrunden liegt darin, dass Gruppen direkt aufgelöst und wirklich jede Person dazu kommt, sich zu äußern.
In einer Usergroup wurde die Struktur 25/10 getestet.
Hier entwickeln Teilnehmende zunächst alleine Ideen, tauschen sich dann zu zweit, zu viert und schließlich im Plenum aus. So entstehen schnell viele Perspektiven und Lösungen.
Auch hier ist die Vorbereitung der Fragen an die Gruppe essenziell. Oft wird diese Struktur mit weiteren kombiniert, um die Ergebnisse zu clustern, um dann die nächsten Schritte gehen zu können.
Eine Form der kollegialen Beratung: Eine Person schildert ein Problem, während zwei andere beraten – ohne Unterbrechung. Das bringt oft neue, ungeahnte Impulse.
Diese Struktur ist wirklich faszinierend. Jede Person bekommt ihre Beratung innerhalb von ca. 9 Minuten, so dass die kleine Runde von 3 Personen theoretisch nur knapp 30 Minuten braucht. In der Praxis würde ich allerdings insgesamt für diese Übung an die 45 Minuten einplanen.
Eine ähnliche Struktur sind die "Wise Crowds".
Mit gezielten Fragen („Wen hast du heute wiedererkannt?“) entsteht ein lebendiges Beziehungsnetzwerk im Raum.
Teilnehmende malen Geschichten mit Symbolen, die anschließend von anderen interpretiert werden. Das eröffnet überraschende Einsichten und kreative Sichtweisen.
Als Symbole werden ein Kreis (steht für Ganzheitlichkeit), Rechteck (Unterstützung), Dreieck (Ziel), Spirale (Wandel) und Sternperson (Beziehung) genutzt. Diese kannst du nutzen, wie es dir für deine Illustration sinnvoll erscheint – also auch nebeneinander, untereinander oder auch ineinander zeichnen.
Diese Struktur braucht eine besonders gute Anleitung, da sich Teilnehmende manchmal als zu beschränkt empfinden und befürchten, zu keinem Ergebnis zu kommen. Wer sich allerdings drauf einlässt, ist oft überrascht, welche neuen Aspekte in der eigenen Zeichnung entdeckt werden können.
Die einzelnen Strukturen lassen sich zu sogenannten Strings kombinieren – also methodischen Abläufen, die einen ganzen Workshop oder Event strukturieren. Die Wahl und Reihenfolge der Strukturen hängt dabei vom Ziel, den Teilnehmenden und der verfügbaren Zeit ab.
Dabei werden manche Strukturen gern und häufig für den Start eingesetzt wie zum Beispiel das Impromptu Networking. Auch das "1-2-4-all" wird in vielen Variationen gern genommen. An anderen Stellen kann es schon mal kniffeliger werden.
Ob ein Workshop live oder online stattfindet, spielt für den Einsatz von Liberating Structures keine Rolle. Ich würde sogar sagen, dass der Einsatz einzelner Strukturen besonders dafür sorgen kann, dass eine Gruppe sich leichter vernetzt und sich dann besser miteinander arbeiten kann. Hier muss man sich allerdings besonders viele Gedanken zur Anleitung machen und sich mit den technischen Möglichkeiten gut auskennen.
Wer Liberating Structures ausprobieren möchte, findet deutschlandweit Usergroups, oft organisiert über Meetup oder LinkedIn. Diese Gruppen bieten Raum, Methoden zu testen, neue Ideen zu entwickeln und Erfahrungen auszutauschen. Es gibt die Möglichkeit, einfach nur zur Usergroup zu kommen oder auch im Designteam mitzuarbeiten. So kann sich jeder selbst unkompliziert ausprobieren und hat gleich erfahrene Profis an der Seite.
Liberating Structures sind einfach, flexibel und wirken – auch in komplexen Organisationsumfeldern. Sie helfen, Menschen ins Gespräch zu bringen, Barrieren zu überwinden und gemeinsam kreative Lösungen zu entwickeln.
Die Bilder entstanden während einer LS-UserGroup in Köln, 2019
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